Tafel 20 - Integration der Deutschen aus Russland Zahlen, Daten, Fakten
Mikrozensusdaten des Statistischen Bundesamtes über die Lebenssituation der Spätaussiedler (2007), Ergebnisse:
- Die deutschen Spätaussiedler sind besser in Schule, Ausbildungs- und Arbeitsmarkt integriert als andere Einwanderungsgruppen.
- Spätaussiedler bleiben zu 25,6 % ohne beruflichen Abschluss, während die Gruppe der Ausländer hier im Umfang von 46,7 % betroffen ist
(Einheimische: 12,3 %). - Bei der Erwerbsquote liegt die Gruppe der deutschen Spätaussiedler mit 73,7 % deutlich über der Gruppe der eingewanderten oder in Deutschland geborenen Ausländer mit 65,9 % und reicht dabei fast an die Erwerbsquote der einheimischen Bevölkerung heran, die bei 75 % liegt.
Erweiterte Sitzung des Beirates für Spätaussiedlerfragen zum Thema „Kriminalität von Spätaussiedlern“ (2008), Aussagen:
- Im Hinblick auf die Gruppe der Spätaussiedler besteht kein Anlass für dramatisierende Darstellungen.
- Die Kriminalitätsbelastung ist bei Aussiedlern insgesamt nicht höher als bei einheimischen Deutschen. (Allerdings tritt Aussiedlerkriminalität im Wesentlichen als Jugendlichenkriminalität in Erscheinung)
Studie „Ungenutzte Potentiale. Zur Lage der Integration in Deutschland“ des Berliner Instituts für Bevölkerung und Entwicklung (2009)
- Die Aussiedler sind eine sehr integrationsfreudige Herkunftsgruppe. Die in Deutschland Geborenen schneiden bei vielen Indikatoren deutlich besser ab als die Zugewanderten und weisen sogar bessere Werte auf als die Einheimischen.
(Spät-)Aussiedler in Deutschland. Eine Analyse aktueller Daten und Forschungsergebnisse. Forschungsbericht 20, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2013).
Auszüge:
- (Spät-)Aussiedler und ihre Nachkommen zeigen eine insgesamt relativ vorteilhafte Struktur ihrer schulischen und beruflichen Qualifikationen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf einfachen und mittleren Schul- und Berufsabschlüssen, während der Anteil der Abiturienten und Akademiker etwas unterdurchschnittlich ausfällt. Hierbei spielen auch Einflüsse des Bildungssystems der Herkunftsländer eine Rolle. Bei der jüngeren Generation, insbesondere den Frauen, ist ein klarer Trend zu höheren Bildungsabschlüssen zu verzeichnen.
- (Spät-)Aussiedler sind in hohem Maße auf dem deutschen Arbeitsmarkt aktiv. Ihre Erwerbs- bzw. Arbeitslosigkeit ist insgesamt verhältnismäßig gering, scheint jedoch insbesondere ältere Menschen und Personen ohne beruflichen Abschluss zu betreffen, aber auch Akademiker, die Schwierigkeiten haben, ihr Qualifikationsniveau in eine adäquate Beschäftigung umzusetzen. Die berufliche Stellung von erwerbstätigen (Spät-)Aussiedlern, besonders der Männer, konzentriert sich stark auf Tätigkeiten als (Fach-)Arbeiter im produzierenden Gewerbe. Unklar bleibt bisher das Ausmaß prekärer Beschäftigung in Zeit- bzw. Leiharbeit. Selbstständigkeit spielt eine geringere Rolle, wofür sozialisationsbedingte Ursachen in Betracht kommen.
Leistungen für Spätaussiedler
In der Öffentlichkeit hält sich hartnäckig das Vorurteil, Spätaussiedler würden ungerechtfertigte Geldgeschenke des Staates, zinslose Darlehen zum Bauen oder große Entschädigungsleistungen erhalten. Nachstehend daher objektive Angaben (entnommen der Broschüre „Willkommen in Deutschland. Zusatzinformationen für Spätaussiedler“ des Bundesministeriums des Innern und für Heimat), die helfen sollen, das schiefe Bild geradezurücken.
Rückführungskosten
Für Reisekosten nach Deutschland (Rückführungskosten) kann auf Antrag ein einmaliger Pauschalbetrag gezahlt werden. Voraussetzung ist, dass diese Kosten im Zusammenhang mit der Aussiedlung entstanden sind und vom Spätaussiedler vorfinanziert wurden. Der Pauschalbetrag liegt derzeit, wenn ein Spätaussiedler beispielsweise aus Russland kommt, bei 102 Euro je begünstigter Person.
Soweit der Anspruch auf Zahlung der Rückführungskosten nicht bereits im Voraus an ein Beförderungsunternehmen abgetreten wurde, erhalten Spätaussiedler die Leistung durch das Bundesverwaltungsamt während des Registrierverfahrens in der Regel als Barzahlung.
Betreuungsgeld
Spätaussiedler erhalten für die Finanzierung der ersten notwendigen Ausgaben in Deutschland ein einmaliges Betreuungsgeld in Höhe von elf Euro. Diese Leistung bekommen auch Familienangehörige, wenn sie gemeinsam mit dem Spätaussiedler eingereist sind.
Betreuungsgeld wird gewährt, wenn sich der Anspruchsberechtigte unverzüglich nach seinem Eintreffen im Bundesgebiet in die Erstaufnahmeeinrichtung des Bundes in Friedland zur Registrierung und Verteilung begibt. Das Betreuungsgeld ist eine freiwillige Leistung der Bundesregierung. Die Auszahlung erfolgt durch das Bundesverwaltungsamt, Außenstelle Friedland.
Arbeitslosengeld II, Sozialgeld
Spätaussiedler erhalten, wie alle anderen deutsche Staatsangehörige, Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), wenn sie die dafür erforderlichen Leistungsvoraussetzungen erfüllen:
- Vollendung des 15. Lebensjahres und Nichterreichung der nach Jahrgängen gestaffelten Altersgrenze (65. bis 67. Lebensjahr)
- Erwerbsfähigkeit
- Hilfebedürftigkeit
- gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.
Neben dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten haben auch die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen (beispielsweise Ehegatten, Partner oder unter 25 Jahre alte Kinder) Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, sofern die Voraussetzungen, insbesondere Hilfebedürftigkeit, vorliegen.
Wer trotz intensiver Bemühungen keine Arbeit findet oder mit seinem Einkommen den Lebensunterhalt nicht sicherstellen kann, hat Anspruch auf (ergänzendes) Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld für nicht erwerbsfähige Angehörigen.
Pauschale Eingliederungshilfe
Eine pauschale Eingliederungshilfe wird in Deutschland Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion als Ausgleich für den Gewahrsam (Aufenthalt in der sogenannten Trudarmee, in Sondersiedlungen für Deutsche oder unter Kommandanturaufsicht) gewährt, den die Russlanddeutschen in der Kriegs- und Nachkriegszeit erleiden mussten.
Einen Antrag kann stellen, wer vor dem 1. April 1956 geboren wurde und über den Status eines anerkannten Spätaussiedlers gemäß § 4 BVFG verfügt und vom Gewahrsam selbst betroffen war. Berechtigt sind nur Spätaussiedler, nicht jedoch Ehegatten und Abkömmlinge.
Die Höhe der Zahlungen richtet sich nach dem Geburtsdatum: Wer vor dem 1. Januar 1946 geboren wurde, erhält einmalig 3.068 Euro. Bei einer Geburt zwischen dem 1. Januar 1946 und dem 31. März 1956 beträgt die pauschale Eingliederungshilfe 2.046 Euro.
Vorurteile (auf beiden Seiten!) verletzenErgebnisse (auszugsweise) einer von Albina Baumann durchgeführten empirischen Untersuchung |
|
Vorurteile – Herkunftsdeutsche über Deutsche aus Russland(„Russen“) |
Vorurteile – Deutsche aus Russland über Herkunftsdeutsche |
Sie wollen unsere Sprache nicht sprechen. | Sie haben keinen Geschmack (Kleider). |
Sie integrieren sich nicht, bleiben unter sich. | Sie sind Fremden gegenüber intolerant. |
Sie tischen auf, um zu protzen. | Sie sind krankhaft geizig; man bekommt höchstens ein Glas Wasser. |
Sie trinken Wodka. | Sie trinken mehr als wir. |
Sie sind maßlos beim Essen und Trinken. | Sie können nicht feiern, sind langweilig. |
Sie schnappen uns die Arbeitsplätze weg. | Sie beanspruchen die besten Arbeitsplätze für sich und überlassen uns die Drecksarbeit. |
Sie bauen Häuser von unseren Steuergeldern. | Sie haben einen geringen Zusammenhalt in der Familie, unter Freunden und Kollegen. |
Die Frauen verharren in ihrer traditionellen Rolle, unterwerfen sich. | Die Frauen sind keine guten Hausfrauen. |
Die älteren Frauen sind altmodisch (Kopftuch, dicke Strümpfe). | Sie haben keinen Respekt Älteren gegenüber. |
Die Männer sind Paschas, lassen sich bedienen. | Die Männer sind schwach. |
Ihre Kinder sind laut, haben keine Kultur und keine Manieren. | Sie haben Hunde und Katzen lieber als Kinder. |
Sie sind unfreundlich. | Ihre Freundlichkeit ist künstlich. |
Sie sind ausgelassen und laut. | Sie verstehen keinen Humor, sind steif. |
Sie sind aufbrausend und streitsüchtig. | Sie bestehen auf Vorschriften, halten sich aber selbst nicht daran. |